Felix Bittmann, Jessica Grimm, Antje Sander

Tischlein deck dich! Küchenabfälle des 17./18. Jahrhunderts als Dokument höfischen Lebens im Schloss zu Jever, Landkreis Friesland

Published: Dezember 31, 2013 | DOI: https://doi.org/10.26016/offa.2012.A10

Felix Bittmann
Niedersächsisches Institut für historische Küstenforschung, Viktoriastr. 26/28, D-26382 Wilhelmshaven
Jessica Grimm
Doelen 44, NL-2907 WC Capelle aan den IJssel
Antje Sander
Schlossmuseum Jever, Postfach 1 35, D-26435 Jever

Abstract

Archäobotanische und archäozoologische Untersuchungen von organischem Füllmaterial einer Wandnische im ehemaligen Kuchenbereich des Schlosses zu Jever, Lkr. Friesland, belegen eine Vielzahl von Arten, die im Zusammenhang mit der Nahrungszubereitung und Abfallentsorgung stehen. Das Material datiert sehr wahrscheinlich in das 17. Jh. (um 1640–1645). Die Verknüpfung von erhaltenen Kuchenrechnungen aus dem Jahr 1706 mit den botanischen und zoologischen Funden lassen eine Nutzung der Nische bis in das beginnende 18. Jh. moglich erscheinen. Die Küchenabfälle lockten weitere Verwerter wie Mäuse und Insekten an, deren Reste (Knochen, Koprolithen, Nagespuren, Körperteile) einen hohen Anteil des Materials stellen. Es wurden rund 100 Pflanzenarten, drei (bis vier) Säugetierarten, mindestens zwölf Vogelarten und sechs Fischarten nachgewiesen. Die Fundsituation lasst vermuten, dass alle belegten Tierarten auf dem Speiseplan standen. Ihre Reste werden als Schlacht- und Speiseabfälle interpretiert. Somit stellt sich folgende Situation dar: In das poröse Mauerwerk wurde eine Wandnische (Wandnischen?) eingebracht, sicherlich mit einer Holzverschalung. Wenn die fürstliche Hofhaltung das Schloss wieder für längere Zeit verließ, nutzte man diese Nische für die Abfallbeseitigung. Wahrend der längeren Phasen des Leerstandes verendeten vielleicht einige Mäuse oder auch Wildvogel in der Nische bzw. in den Räumen. Es sammelte sich darüber hinaus einiges an Dreck und Staub an, der vor der erneuten „Inbetriebnahme“ ebenfalls entsorgt werden musste – damit wurden regelrecht die Locher gestopft, die dann bei den verschiedenen Sanierungsarbeiten ab 1736 bzw. vor 1842 zugemauert wurden. Sicherlich lohnt es sich, bei künftigen Restaurierungsmaßnahmen im Schloss ein besonderes Augenmerk auf die Mauern mit ihrer interessanten Geschichte zu legen.

Zitationsvorschlag
Bittmann u. a. 2013: F. Bittmann/J. Grimm/A. Sander, Tischlein deck dich! Küchenabfälle des 17./18. Jahrhunderts als Dokument höfischen Lebens im Schloss zu Jever, Landkreis Friesland. Offa 69, 2013, 95–111. DOI: https://doi.org/10.26016/offa.2012.A10.

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